Lucid Air Sapphire: Hypercar im Business-Dress

1. Fahrt

Lucid Air Sapphire: Hypercar im Business-Dress

1251 PS Leistung, 1940 Newtonmetern Drehmoment, 1,9 Sekunden auf Tempo 100 und 330 km/h Spitze – Der Lucid Air Sapphire ist die stärkste und schnellste Serienlimousine der Welt. Wir sind den 260'000 Franken teuren US-Stromer auf der Rennstrecke Ascari gefahren.

Als sich der niederländische Unternehmer Klaas Zwart 2003 mit dem Circuito Ascari nahe Malaga eine private Rennstrecke bauen liess, ahnte er wohl nicht im entferntesten, dass rund 20 Jahre später einmal über 2,4 Tonnen schwere Elektrolimousinen mit weit über 1000 PS Leistung über die 5,4 Kilometer lange Strecke heizen würden. Und wie! Was damals noch wie ein Utopie klang, ist heute Realität. In den USA gibt es den Superstromer schon länger, jetzt kommt das Topmodell der Amis auch nach Europa. Und um den Medien zu zeigen, dass der Sapphire nicht nur gerade aus schnell ist, sondern auch auf der Rennstrecke abliefert, hat sich der US-Hersteller mit Ascari eine der technisch anspruchsvollsten Rennstrecken ausgesucht.

Eine Technik-Wunderbox
Dass sich der Elektro-Newcomer aus dem Silicon Valley nicht mit halben Sachen zufrieden gibt, zeigt schon die sogenannte «Wunderbox», die Chefingenieur Eric Bach und sein Team entwickelt haben. Rund 9 PS kitzeln die Amerikaner umgerechnet aus jedem Kilogramm, das der Antrieb wiegt – bei der Konkurrenz ist es oft nicht mal die Hälfte. Insgesamt 1251 PS stehen unter dem Strich maximal aus drei Motoren an.

Dazu eine 900-Volt-Batterie mit 118 kWh Kapazität, die nicht nur mit einer Normreichweite von bis zu 694 Kilometern überzeugt, sondern auch mit enormem Ladetempo: In nur 15 Minuten zieht der Sapphire Strom für weitere 360 Kilometer nach. Das reicht, um in 1,9 Sekunden die 100-km/h-Marke zu knacken (schneller als Hypercars von Bugatti, Ferrari oder Koenigsegg) und bei freier Bahn Tempo 330 zu erreichen. Und auch beim CW-Wert von 0,197 setzt Lucid ein Ausrufezeichen.

Wie ein sportlicher Gran Turismo
Doch grau ist alle Theorie – was zählt, ist auf dem Track. Und hier überrascht mich die mehr als 2,4 Tonnen schwere Luxuslimousine schon nach den ersten paar Kurven. Der Sapphire zeigt sich auf dem Kurs als wieselflinker und superpräziser Athlet – und überrascht mit einer Leichtigkeit, die ich vor der Fahrt einem viertürigen Stromer dieser Gewichtsklasse kaum zugetraut hätte. Grossen Anteil daran hat die intelligente Kraftverteilung per Torque Vectoring, bei der die beiden hinteren Elektromotoren die Leistung situationsabhängig einzeln an jedes Rad schicken.

Auch das sportlich, aber nicht bretthart abgestimmte Fahrwerk lässt mich in einem Tempo um Kurven düsen, bei dem viele namhaften Limousinen längst untersteuernd Richtung Kiesbett abdriften würden. Der Sapphire allerdings bleibt sowohl in engen Wechselkurven ebenso souverän wie auch in schnellen Passagen. Die wenigen kurzen Geraden frisst er gerade zu auf.  Und auch die Familienpizza-grossen Bremsen packen brutal zu, lassen das Gewicht dieses Luxusstromers schnell vergessen.

260'000 Franken Basispreis
Zeit, die nächste Stufe zu zünden: Ich wechsle vom «Sapphire Mode» in den «Track Mode», das System schärft Antrieb und Fahrwerk nochmals eine Schippe nach. Die Zügel der Elektronik werden lockerer, das Fahrgefühl noch direkter – Wüsste ich nicht, dass ich gerade in einer Luxuslimousine sitze, könnte es genauso gut ein Sportwagen sein. Die Reifen greifen extrem gut in den Asphalt und geben dem Fahrer das nötige Vertrauen, das Schwergewicht durch die Kurven zu werfen.

Viel zu schnell gehen meine Runden zu Ende, denn auch Lucid kann nicht verhindern, dass die Batterien nach solch einer Extrembelastung wieder eine Cool-down-Lap benötigen. Und auch die Tatsache, dass die Amerikaner zwar angesichts der Leistung faire, aber trotzdem stolze 260'000 Franken verlangen, lässt dieses elektrische Rennstreckenerfahrung wohl einzigartig bleiben.

 

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