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News / 01. September 2021

Ladesäulen-Labyrinth: Hersteller suchen nach besseren Lösungen

Mit eine Benziner oder Diesel schnell zur Tankstelle und tanken, geht einfach. Mit einem Elektro-Auto Strom tanken ist mancherorts immer noch eine Herausforderung und geht vor allem nicht so schnell wie bei einem Verbrenner. Neue Lösungen müssen her!

Mit einem Benziner oder Diesel ist das Tanken und Bezahlen einfach, mehr als 3500 Tankstellen gibt es in der Schweiz mit gut 30'000 Zapfsäulen, in zehn Minuten ist der Fahrer wieder auf der Strasse. Ein Elektroauto unterwegs zu laden ist vertrackter: Es gibt knapp 8000 öffentlichen Ladesäulen, aber dutzende Betreiber, Ladekarten, Vertragsmodelle und Tarife – und das nur in der Schweiz. Andere europäische Länder haben wieder andere Strukturen. Damit ist das Ladesäulen-Labyrinth perfekt.

 

Hinzu kommen die Autokonzerne selbst, die mit unterschiedlichen Ansätzen den Käufern ihrer E-Autos den Alltag einfacher machen wollen – und sie an sich binden wollen. «Einfach überall Strom tanken», wirbt Volkswagen, «einfach mit einer Karte». VW, Skoda und Seat bieten ihren E-Auto-Kunden eine Karte oder App an, mit den sie europaweit 238’000 Ladepunkte verschiedener Betreiber anzapfen können. Die Kunden bekommen dann einmal im Monat eine Rechnung von ihrem Autobauer. «Am liebsten hätten die Kunden Fixpreise für den geladenen Strom», sagt VW-Sprecher Tim Fronzek. Aber nicht alle Ladesäulen-Betreiber lassen sich darauf ein. Deshalb bietet VW keine Fixpreise für alle Ladesäulen an. Skoda schon - aber je günstiger, desto mehr verlangt der Autobauer als monatliche Grundgebühr.

 

Anders als VW, Skoda und Seat ist Audi nicht an die Volkswagen-Ladetochter Elli angeschlossen, sondern an DCS – die gemeinsame Ladetochter der Konkurrenten Mercedes und BMW. Die wirbt mit dem Zugang zu insgesamt fast 250’000 öffentlichen Ladesäulen in Europa. Ebenfalls mit einer Karte, ebenfalls mit monatlicher Abrechnung. Inzwischen sind auch Fiat, Toyota, Hyundai und Kia dabei. Und der Ölkonzern BP steigt gerade als dritter Eigentümer ein.

 

«Wir haben Verträge mit 500 Anbietern von Ladeinfrastruktur geschlossen und bieten das Autoherstellern gebündelt als ein Paket an. Das kann der Autohersteller dann seinen Kunden zur Verfügung stellen», sagt DCS-Chef Jörg Reimann. Künftig würden E-Autofahrer auch über freie Säulen informiert und könnten reservieren.

 

Einfach sei auch hier das Schlüsselwort. «Wer früh am Markt ist und den Kunden einfache, bequeme Lösungen anbietet, der wird sie behalten und auch in Zukunft das Geschäft machen», sagt Reimann. Über Umsatz und Ergebnisse heute will er nicht sprechen. Aber das Geschäft mit Ladediensten «wird sehr bald profitabel für die grossen Spieler», sagt Reimann. «Der Profit kommt mit dem Volumen.» Exklusive Angebote dagegen rentierten sich heute nur selten. Reimann sagt: «Das geht zu Lasten der Auslastung.»

 

Ein exklusives Netz hat Tesla mit insgesamt 21 Supercharger-Standorten und total 220 Schnellladeplätzen in der Schweiz. Damit verfügt die Schweiz über eines der dichtesten Tesla Supercharger-Netzwerke in ganz Europa. Aber Tesla-Chef Elon Musk will bald auch andere Autos an seine Steckdosen lassen: «Wir öffnen unser Supercharger-Netz im Laufe dieses Jahres für andere Elektrofahrzeuge», twitterte er noch in diesem Sommer. Das würde ihm Geld und Daten bringen. Ob alle Stationen zugänglich werden, ob auch Fahrer anderer Marken die Buchungsdaten der Säulen bekommen und reservieren können, was sie zahlen sollen, ist offen.

 

Auch VW, Audi, Porsche, Mercedes Benz, BMW, Ford und Hyundai haben zusammen ein Schnellladenetz entlang internationaler Autobahnen aufgebaut. Ihre gemeinsame Tochter Ionity hat europaweit inzwischen etwa 360 Stationen in Betrieb. Doch besteht bei Ionity noch viel Luft nach oben, was diesen Sommer auch VW-CEO Herbert Diess auf seiner Italien-Reise mit dem VW ID.3 persönlich feststellen musste und die Lade-Infrastruktur von Ionity stark kritisierte.

 

Audi plant inzwischen zudem noch, selbst ein eigenes Schnellladenetz in Städten zu errichten, «mit Lounge und exklusiver Reservierung» für Audi-Fahrer. Fahrer anderer Marken können dort auch laden – wenn noch Plätze frei sind. Gestartet werde das Pilotprojekt in Nürnberg an der Messe, sagte Audi-Chef Duesmann Ende August. «Das ist eine Ergänzung zu dem, was wir in der Kooperation machen», aber: «Wir haben geplant, das deutlich auszuweiten.»

 

Nach wie vor spielt die Ladeinfrastuktur bei vielen E-Auto-Interessenten eine wichtige Rolle. Bei einer Allensbach-Umfrage für den Verband der Automobilindustrie sahen 64 Prozent der Befragten eine unzureichende Zahl der Ladestationen als Kaufhindernis mit Blick auf E-Autos.

 

Einer der grössten Ladesäulen-Betreiber in der Schweiz ist Plug’n’Roll mit rund 5000 Ladepunkten, gefolgt von swisscharge, MOVE und evpass. Je nach Betreiber verlangen diese individuelle und unterschiedliche Registrierungen vor dem Ladevorgang. Fakt ist: Eine Vereinheitlichung von Bezahlmethoden und Registrierung würde hier einen entscheiden Vorteil für Kunden schaffen. Vielleicht wird irgendwann die Politik dafür sorgen, dass es einfacher wird. Ähnlich wie bei der Abschaffung der Roaming-Gebühren beim Telefonieren in der EU, sagte VW-Sprecher Tim Fronzek. (pd/ir)

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